Donnerstag, 17. Dezember 2009

Eine traurige Geschichte

In der kleinen Bar auf meiner neuen Heimatstation, in die ich nach dem Tageswerk gerne noch mal gehe, war mir schon einige male ein kleiner, mittelalter Mann mit langsam grau werdenden Haar aufgefallen. Er wirkte stehts deprimiert, trank stehts still einige starke Drinks und ging wieder.
Heute saß er direkt neben mir, und er wirkte soger noch trauriger als sonst.
Einige Leute gingen vorbei und redeten über den Deppen, der mit einem Carrier ohne jedes Backup nach Providence gesprungen war und dem im Rekordtempo sein Schiff zerlegt wurde.
Mein Sitznachbar zuckte zusammen und gab ein unterdrücktes Winseln von sich. Ich musste ihn einfach ansprechen, die Neugier hatte gesiegt.
Ich fragte ihn also, ob er vielleicht bekannte auf dem Carrier gehabt habe, oder wieso er sonst so schlechter Dinge sei.
"Nein, nein," antwortete er, "Es ist nur so - ich bin Versicherungsvertreter für Raumschiffversicherungen."
"Oh!" Das war alles was mir dazu einfiel. Eine unangenehme Pause entstand.
"ich habe mich schon immer gefragt, wie man damit eigentlich Gewinn machen kann." Sagte ich, um die Pause zu unterbrechen.
"Gewinn? GEWINN?" polterte er los. "Wir haben in der Branche noch nie einen Gewinn gemacht. Die ganze Sparte wurde als riesiges Steuerabschreibungsmodel ins Leben gerufen."
"Oh, das erklärt natürlich einige.." wollte ich sagen, als es anfing, aus ihm herauszufließen:
"Anfangs war das ja noch ok. Ein Paar Kapselidio...äh Piloten haben ihre Schiffe verloren, der Konzern hat es als Verlust gebucht und am Ende über irgendwelche Subventionstöpfe sogar noch Geld rausbekommen. Dann gab es immer mehr Kapselpiloten und sie verloren immer mehr Schiffe und irgendwann rechnete sich die Sache nicht mehr. Die Subventionen wurden gedeckelt oder gestrichen, die Verluste wurden größer als die Steuerlast, das System funktionierte nicht mehr. Aber zu dem Zeitpunkt waren längst Gesetzte erlassen worden, die uns ein Monopol über den Markt sicherten."
"Aber ein Monopol heißt doch nur, dass niemand anderes..."
"Mit dem Gesetzten verbunden war eine Versorgungspflicht! Wir sind Verpflichtet, weiterhin alle Schiffe zu festgelegten Konditionen zu Versichern. Seitdem Sitzt uns die Zentrale im Nacken, damit wir wenigstens plus/minus Null machen. Aber es klappt nicht! Wie soll es auch klappen bei der Geschwindigkeit, mit der diese verdammten Kapselfreaks ihre Schiffe verlieren! Äh, nichts für Ungut..."
"Kein Problem."
"Die Bezahlung besteht zu einem Gutteil aus Erfolgsboni, und ohne Gewinn werden die niemals ausgezahlt. Von Gehaltserhöhungen ganz zu schweigen, ich hab seit Jahren keine mehr bekommen. Und ich finde in meinem Alter keinen neuen Job mehr."
"Ok, da verstehe ich, dass Sie so.." hob ich an, aber er war noch nicht fertig:
"Zur Zeit ist es besonders Schlimm! Sehen sie sich das hier an." Er holte einen Datapad hervor und fing an, etwas zu suchen. "Moment..ah, Hier ist es! Durch die fallenden Rohstoffpreise sind die Preise für Schiffe zum Teil so stark gesunken, dass die ausgezahlte Versicherungsprämie höher ist als als die Kosten für die Versicherung und der Kaufpreis des Schiffes zusammen. Und dann passiert sowas:" Er zeige mir eine Übersicht aus einem Killboard. "Da hat jemand 31 Schlachtschiffe gekauft, versichert und sie sich sofort zerschießen lassen, um die Versicherung zu Kassieren. Und das ist Legal! Wie soll man unter solchen Bedingungen ohne Verlust durchkommen, von Gewinn ganz zu schweigen. Ich finde halt keinen neuen Job, und in meinem Jetzigen bin ich zum Versagen verdammt. VERDAMMT, verstehen Sie!"
Er sah mich mit seinen wässrigen Augen an. Dann wandte er sich wieder seinem Drink zu und sagte nichts mehr. Er hatte sich offenbar ausgekotzt und wusste nichts mehr zu sagen.
Seine Drinks an diesem Abend übernahm ich.

Man, bin ich froh ein Pod-Piot zu sein.




Ka-Ching!

2 Kommentare:

  1. Hehe! Nice geschrieben und ich sag dazu nur:

    http://www.rh-medi.info/smackodrom/viewtopic.php?f=8&t=263&start=0

    mfG
    der Nasenmann

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  2. Nicht schlecht.. ist ja auch mal ein Geschäftsmodell.

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